PAEA - Themenschwerpunkt "Sexuelle Belästigung"
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#passtaufeuchauf Sexuelle Belästigung

Sexuelle Belästigung hat viele Gesichter. Wir haben Menschen getroffen, die uns ihre Geschichten erzählen. Sie berichten von Belästigungen, Vergewaltigung, Gerichtsverfahren, wie sie mit ihren Erlebnissen umgehen – und wie wichtig Vertrauenspersonen, Freunde und Familie sind.

Was ist sexuelle Belästigung bzw. sexuelle Gewalt?

Wo hören Flirten und Kennenlern-Versuche auf, wo fängt sexuelle Belästigung an? Diese Grenze ist für viele von uns nicht klar abgesteckt. Viel zu häufig lächeln wir über Verhaltensweisen von anderen hinweg, welche so absolut nicht okay sind und reden uns ein, dass es doch nicht so schlimm oder keine Absicht war.

Sexuelle Belästigung und sexuelle Gewalt reichen von Formen wie Anstarren, anzüglichen Bemerkungen oder Belästigungen per Telefon oder im Internet über unerwünschte sexualisierte Berührungen und sexuelles Bedrängen bis hin zu körperlichen Übergriffen.

Je nach Form, Kontext und Ausmaß können sexuelle Belästigungen strafbare Handlungen sein, zum Beispiel Beleidigung, sexuelle Nötigung, Nachstellung oder Vergewaltigung.

Ich hatte keine Chance, ich war körperlich total unterlegen. Und dann hat er sich ausgezogen und mich benutzt.

Janik über seine Vergewaltigung

Janik und Liz haben sexuelle Gewalt erfahren. Mit uns haben sie in einer Stunde Realtalk über ihre Erfahrungen gesprochen.

Liz war im Libanon bei einem Fotoshooting. Nachdem das Shooting zuende war, hat der Fotograf gesagt, sie "könnten doch ein bisschen Spaß haben". Er hat sie auf's Bett gedrückt und bedrängt. Sie konnte sich jedoch rechtzeitig wehren.

Ich hatte Angst, dass er mich schlägt oder die Situation eskaliert, deswegen habe ich auch nicht laut geschrien […] Ich wollte versuchen das auf nette Art und Weise mit ihm zu klären.

Liz erlebte einen sexuellen Übergriff bei einem Fotoshooting

Janik hat den Vergewaltiger gekannt. Er ist nach einer Party unter dem Vorwand auf's Klo zu müssen mit zu ihm in die Wohnung gekommen. Dann hat er ihn überwältigt und vergewaltigt.

Symbolbild/Thumbnail für den Passt Auf Euch Auf-Schwerpunkt "Sexuelle Belästigung". 45 min
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#MeToo: Genauer hinsehen und offen reden

Um auf sexuelle Belästigung aufmerksam zu machen, wurde 2017 der Hashtag #MeToo ins Leben gerufen, der im Zuge des Weinstein-Skandals Verbreitung in den sozialen Netzwerken erfuhr. Die Phrase „Me Too“ (zu Deutsch „ich auch“) geht auf die Aktivistin Tarana Burke zurück und wurde als Hashtag durch die Schauspielerin Alyssa Milano populär, die betroffene Frauen ermutigte, mit Tweets auf das Ausmaß sexueller Belästigung und sexueller Übergriffe aufmerksam zu machen. Seitdem wurde dieser Hashtag millionenfach verwendet.

Auch männliche Kollegen wie Terry Crews erzählten unter dem Hashtag ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung. Unter dem Hashtag #Ihave erzählten wiederum zahlreiche Personen von Momenten, in denen sie sich bewusst oder unbewusst falsch verhalten und einem anderen Menschen gegenüber sexuell übergriffig waren.

Belästigung am Arbeitsplatz

Laut einer Umfrage unter Beschäftigten geben gut 93 Prozent an, dass sie Aufforderungen zu unerwünschten sexuellen Handlungen als sexuelle Belästigung verstehen. Auch unerwünschte Berührungen, anzügliche Bemerkungen sexuellen Inhalts, das Anbringen aufreizender oder pornographischer Bilder sowie unerwünschtes Anstarren werden von der überwiegenden Mehrheit der Befragten als Formen sexueller Belästigung erkannt, von Frauen deutlich häufiger als von Männern.

Betroffene fühlen sich häufig verunsichert, abgewertet und in ihrer Würde verletzt. Konsequenzen daraus können sein: Verlust der Arbeitsmotivation, Depressionen, Angst, innere Kündigung, psychische Erkrankungen. Vielfach erleben Betroffene negative Reaktionen, wenn sie sich an den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin wenden. Deshalb verharmlosen oder verschweigen sie die sexuelle Belästigung oft aus Angst vor Verleumdung oder Arbeitsplatzverlust.

Was tun bei sexueller Belästigung?


  • Körperlich (wenn möglich) und verbal auf Distanz gehen und den Täter oder die Täterin darauf ansprechen: "Hören Sie auf damit. Ich möchte das nicht!"
  • Oder man wird ganz konkret und erklärt, wie das Ganze bei einem ankam: "Ich fühle mich von Ihnen sexuell belästigt. Unterlassen Sie das!"
  • Sanktionen klar machen: "Ich werde das nicht weiter hinnehmen. Wenn Sie das nicht lassen, werde ich das melden."
  • Wer sich nicht alleine traut, sollte sich Hilfe von Umstehenden suchen. Zunächst, indem man Öffentlichkeit herstellt, also indem man lauter spricht, damit Umstehende aufmerksam werden auf die Situation. Oder man spricht aktiv jemanden in seiner Nähe an, ob er helfen kann.
  • Das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aus dem Jahr 2006 regelt das Verbot und den Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Bei Belästigungen am Arbeitsplatz, besonders, wenn sie sich wiederholen, sollte man sich ein Gedächtnisprotokoll erstellen und alle Fälle notieren, mit Ort und Zeit. So kann der Täter oder die Täterin nicht behaupten, man bilde sich das alles nur ein.
  • Ergreift der Arbeitgeber keine oder offensichtlich ungeeignete Maßnahmen zur Unterbindung einer (sexuellen) Belästigung am Arbeitsplatz, kann die Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts eingestellt werden, soweit dies zu ihrem Schutz erforderlich ist.
  • Bevor Betroffene ihre Arbeit einstellen, sollten sich Betroffene unbedingt rechtlich beraten lassen.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Arbeitgeber darüber hinaus zum Schadensersatz verpflichtet.

Weitere Informationen enthält dieser Leitfaden der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

An wen kann ich mich wenden?

Neben Vertrauenspersonen wie Freunde, Familieangehörige oder zuständige Ansprechpartner am Arbeitsplatz, gibt es auch bundesweite und regionale verschiedene Hilfsangebote.

Weiterhin können und sollten sexuelle Übergriffe auch zur Anzeige gebracht werden. Dafür genügt ein Anruf bei der Polizei.