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Szene aus "Go Get It" von T.I. Bildrechte: Youtube

SPUTNIK PopkultSexismus im Hip Hop

25. Januar 2018, 13:24 Uhr

Hip Hop schwimmt in Deutschland auf einer Erfolgswelle – und damit werden auch die frauenverachtenden Lyrics vieler Rapper wieder allgegenwärtig. Doch der Sexismus im Hip Hop beschränkt sich nicht nur auf die Musik.

Hip Hop ist in Deutschland so erfolgreich wie selten zuvor. Und während alle angewidert auf die bösen Sexisten in der Hollywood-Filmbranche schauen, landen Rap-Alben mit frauenfeindlichen Inhalten regelmäßig auf der Nummer 1 in den Charts.

Alles Schlampen außer Mutti

Frauen werden in Raplines schon lange gerne als Nutten, Hoes oder Schlimmeres bezeichnet. Der Journalist Falk Schacht weiß, wann das angefangen hat.

Die ersten direkt sexistischen Rapsongs und -texte in Deutschland stammen von den Fantastischen Vier. Sie haben 1991 eine Single mit dem Titel "Frohes Fest" veröffentlicht, die relativ schnell auf dem Index gelandet ist.

Die Fanta 4 sind eigentlich mit massentauglichem Rap bekannt geworden. Die sexistischen Lyrics auf der "Frohes Fest"-Platte haben Fanta Vier teilweise aus Amerika geklaut. Das hört man besonders gut im Track "Eins und Eins", eine Coverversion des Klassikers "One And One" von 2 Live Crew.

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Import aus den USA

Im amerikanischen Hip Hop sind sexistische Texte noch um einiges krasser. Viele Partyhits, die hier in Deutschland im Club mitgegrölt werden, sind eigentlich ziemlich heftig.

Blurred Lines ist Beispiel dafür - hier singt Robin Thicke über Sex, bei dem er sich nicht sicher ist, ob die Frau ihn überhaupt will.

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Mittlerweile wird bei vielen Acts wesentlich härteres Zeug getextet – und auch Frauen, allen voran SXTN, rappen selbst von sich als „Fotzen“.

Sexismus im Rap ist offensichtlich - oder auch nicht

Manche Frauen, so wie Rapperin Sookee, wollen da nicht mitmischen.

Bestimmte Begriffe nutzen sich einfach ab. Mutterficker ist halt kein schlimmes Wort mehr. Hurensohn -HuSo- hat sogar 'ne Abkürzung. Ich glaube, dass es da sowas wie 'ne Desensibilisierung gibt. Ich will dazu nicht beitragen.

Dabei findet sich Sexismus nicht nur bei Rappern, die explizit von "Fotzen" sprechen. Auch bei auf den ersten Blick harmlosen Künstlern wie Cro, der Rap mit Popmusik mischt, ist die Darstellung von Frauen teilweise fragwürdig.

Jemand wie Cro sagt eher nicht Fotze und Hurensohn. Aber wenn man sich diesen Song "Easy" näher reinzieht, ist es die Geschichte von 'nem Typen, der irgendeine Frau fickt, deren Namen er sich nicht merken kann, die dann schwanger wird. Und er hat kein Bock drauf und verpisst sich.

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Wenn man sich die Texte also mal genau anhört, ist Sexismus im Rap viel weiter verbreitet, als man denkt. Und das nicht nur bei den harten Jungs.

Noch problematischer wird es aber, wenn der Sexismus nicht nur im Text passiert – sondern im realen Leben. Die Leipzigerin Helen Fares hat diese Erfahrung gemacht. Nachdem sie 2017 auf einem Hip Hop-Festival als Moderatorin gearbeitet hatte, postete sie bei Facebook:

In den letzten drei Tagen bin ich über zehn Männern begegnet, die mich auf sexistische Art und Weise degradiert haben. Darunter Rapper, Promoter, Tourmanager, Artist-Entourage, Sicherheitsleute.

Kunst oder eigene Meinung?

Trotzdem muss differenziert werden zwischen Kunst und Privatperson. Ist jeder, der sexistische Lines rappt, automatisch auch als Person sexistisch drauf? Helen Fares sieht das nicht so:

Ich habe Rapper kennengelernt, die die sexistischsten Texte haben, die man sich vorstellen kann, die aber die respektvollsten Gentlemen waren, zum Beispiel Frauenarzt oder Kollegah.

Trotzdem kennt Helen auch einige Rapper, die keinen Respekt vor Frauen haben. Deswegen ist es ihr wichtig, dass differenziert wird zwischen der Kunstfigur und der Privatperson.

Im Kosmos von Hip Hop sind vor allem Männer present. Vielleicht denken manche Typen auch deshalb, dass sie sich alles erlauben können.
Dazu kommen noch viele weitere Gründe - wie beispielsweise fehlender Respekt vor Frauen. Hip Hop-Kenner Falk Schacht fasst das so zusammen:

Rap spiegelt die Gesellschaft und das natürlich in einer brutal ehrlichen Form.

Es braucht einfach mehr starke Mädels, die Kontra geben.

Das Thema im SPUTNIK Programm:SPUTNIK Popkult | 25.01.2018 | 19:00 Uhr

MDR SPUTNIK ist eine Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks