SPUTNIK Tagesupdate Larissa hat sich den Weg aus der Magersucht gekämpft

29. November 2017, 17:37 Uhr

Nach einem schweren Schicksalsschlag hat sich Larissa auf krankhafte 39 Kilo runtergehungert. Um ihr Umfeld zu täuschen, hat sie sich alle möglichen Tricks ausgedacht. Heute kann sie darüber lachen.

Früher hat Larissa auf Magersucht herabgeschaut. Einmal hat sie eine Doku darüber gesehen und die Anorexie abfällig als „Wohlstandserkrankung“ belächelt. Doch als sie 26 Jahre alt war, starben ihre Eltern kurz nacheinander.

Ich hab zuerst gedacht, dass ich das alles ganz gut verkrafte und alles unter Kontrolle habe – aber dann haben sich merkwürdige Muster in mein Essverhalten eingeschlichen.

Gemerkt hat sie das auf einer Reise mit ihrem Freund nach Rom, wo sie sich von Pizza und Pasta fernhielt:

Mir ging es nicht um Germany’s Next Topmodel oder irgendeinen Schlankheitswahn. Ich wollte Kontrolle und Disziplin.

Obwohl sie vorher schon dünn war, verlor Larissa fast 14 Kilogramm in einem Jahr, nicht aber ihren Humor. Der hat ihr geholfen, ihr Leiden zu verarbeiten.

Joggen wegen Kohlrabis

Larissa hungerte sich, bei 1.65 Metern Körpergröße, auf 39 Kilo herunter. Zudem ging sie ständig joggen, um die wenigen Kalorien – ihr Hauptnahrungsmittel war Kohlrabi – wieder zu verbrennen. Ihr Freund und ihre Freunde haben versucht, sie darauf anzusprechen, doch Larissa tischte ihnen eine Lüge nach der anderen auf.

Ich kann schneller Lügen als ein Pferd rennt, wenn es um die Essstörung geht. Mein exzessiver Sport? Ja, ich wollte eben Marathon laufen!

In ihrem Buch "Friss oder Stirb" beschreibt sie außerdem, wie sie Lebensmittel auf jede erdenkliche Weise verschwinden ließ, um ihr Umfeld hinters Licht zu führen.

Ich hab Restaurants danach ausgewählt, wo es die größte Salatbeilage gab – nicht um die zu essen, sondern um Reis und Käse darunter verschwinden zu lassen. Jeder Blumenkübel war mir recht und auch jeder selten genutzte Aktenschrank im Büro.

Larissa Sarand by Anna Wulffert 5 min
Bildrechte: Anna Wulffert

Auf einmal kam der Hunger

Als Larissa einsah, dass sie ein Problem hat, wollte sie es auf eigene Faust lösen:

Ich bin vorm Bäcker rumgelaufen wie ein werdender Vater vorm Kreissaal und hab es nicht geschafft, mir ein Brötchen zu kaufen. Und da hab ich gemerkt: Ich habe die normalste Sache der Welt verlernt – nämlich essen.

Sie begab sich in Therapie. Insgesamt 4 Monate mit Fressattacken musste sie hinter sich bringen. Daraus entwickelte sich sogar eine Depression.

Das Einzige, woran ich denken konnte, war essen. Da ging dann bei mir eine Familienpizza rein und drei, vier Tafeln Schokolade. Ich dachte, jetzt kommt hier das nächste Ding: Ich bin von der Magersucht in die Fresssucht gerutscht.

Die Normalität ist fast zurück

Heute ist sie mit 52 Kilogramm wieder knapp normalgewichtig. Einige Denkmuster aus der Krankheit sind ihr aber geblieben - das Frühstück zum Beispiel fällt ihr bis heute schwer. Deswegen ist Larissa noch immer in Therapie.

Bist du auch von Magersucht oder Depression betroffen? Hilfe bekommst du ganz anonym zum Beispiel bei der Telefonseelsorge! Die erreichst du unter folgenden Nummern: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222.

Das Thema im SPUTNIK Programm: SPUTNIK Tagesupdate | 28.11.17 | 18:40 Uhr