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SPUTNIK TagesupdateSo wirst du ohne Jurastudium zum Richter

22. März 2018, 21:07 Uhr

Schöffen sind ehrenamtliche Laienrichter, die in deutschen Gerichten bei der Rechtssprechung helfen. Bis 1. Juni kannst du dich für die nächste Amtzeit bewerben. Oder du wirst unter Umständen zwangsverpflichtet.

von Jennifer Schollbach

In deutschen Gerichten treffen die Angeklagten im Gerichtssaal meist auf drei Richter: einer davon ist ein Berufsrichter, die anderen sind Schöffen. Das sind Menschen, die als Laienrichter in Prozessen vor Amts-, Land- und Ortsgerichten mit urteilen und entscheiden sollen.

In der vergangenen Amtzeit waren rund 60.000 Schöffen unterwegs. Verpflichtet werden sie für fünf Jahre. In diesem Jahr kannst du dich für die Amtszeit 2019 bis 2023 zur Wahl als Schöffe für allgemeine Strafsachen gegen Erwachsene und für das Jugendschöffenamt aufstellen lassen. Bewerbungsfrist ist der 1. Juni.

Wer kann Schöffe werden?

Jeder der mindestens 25 und höchstens 70 Jahre alt ist, kann Schöffe werden. Außerdem sollte man ausreichend deutsche Sprachkenntnisse besitzen. Juristische Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Wozu ist das gut?

Schöffen sind in gewisser Weise ein Kontrollsystem gegen Amtsmissbrauch. Durch sie soll sichergestellt werden, dass Juristen keine betriebsblinden und völlig weltfremden Urteile sprechen.

Schöffen bringen ihre Lebenserfahrung und Sichtweise in die Urteilsfindung mit ein und sind so auch ein wichtiges Bindeglied zwischen der deutschen Bevölkerung und der Justiz. Auf ihr Amt vorbereitet werden die Schöffen natürlich nochmal in einem Seminar und sie können sich auch selbst über ihre Aufgabe informieren.

Was machen die Schöffen bei Gericht?

Im Grunde helfen die Schöffen den Berufsrichtern bei der Urteilsfindung. Ihre ganz besondere Fähigkeit dabei ist vor allem, "dumme Fragen" zu stellen. Das heißt im Prozess Fragen stellen, die eigentlich schon längst beantwortet wurden, denn die Anwälte und Richter kennen die Protokolle der Vorverhandlungen und der Anklage natürlich schon in Vorinstanz. Die Schöffen nicht.

Denn in deutschen Gerichten gilt der sogenannte Mündlichkeitsgrundsatz. In der Strafprozessordung heißt es „Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.“ Das heißt, die Schöffen bekommen beim Prozess alles nochmal erklärt, sind also unvoreingenommen und können so ein Urteil gewährleisten, das stellvertretend für das deutsche Volk gesprochen wird.

Was passiert, wenn nicht genügend Schöffen für die Gemeinden zusammenkommen?

Eigentlich setzt der Staat darauf, dass das Ehrenamt mit Freiwilligen besetzt wird. Das klappt aber nicht immer, deshalb können alle Bürger, die den Voraussetzungen entsprechen, zwangsverpflichtet werden.

Ausnahmen gibt es natürlich. So zum Beispiel können Parlamentarier, Ärzte und Krankenschwestern oder auch Leute, die ihre Angehörigen pflegen müssen, einen Antrag auf Streichung von der Schöffenliste stellen.

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Wie ist das ganze mit meinem alltäglichen Leben vereinbar?

Wer als Schöffe aufgestellt ist, muss an den ihm zugewiesenen Gerichtsverhandlungen teilnehmen. Das muss auch vom Arbeitgeber gewährleistet werden. Denn nach § 45 Abs. 1a DRiG, dem sogenannten Benachteiligungsverbot, darf niemand an der Ausübung des Amtes gehindert werden.

Wenn man Hauptschöffe ist, bekommt man die Termine der Verhandlungen auch in der Regel im Vorjahr für das ganze folgende Verhandlungsjahr gesagt. So kann man seinen Arbeitgeber vorwarnen. Hilfsschöffen werden mitunter ziemlich kurzfristig ins Gericht bestellt.

Die Chefs müssen ihre Angestellten für die Prozesse freistellen und dürfen sie auch nicht kündigen. Dabei ist es übrigens egal, ob man sich freiwillig für den Dienst gemeldet hat oder zwangsverpflichtet wurde. Die freigestellte Zeit muss auch nicht nachgearbeitet werden, man muss keinen extra Urlaub beantragen und man darf auch in der Entlohnung nicht benachteiligt werden.

Das gilt allerdings nur für Angestellte. Selbständige haben da ein kleines Problem, denn wenn sie wegen der angesetzten Gerichtsverhandlungen Aufträge ablehnen müssen, entschädigt sie niemand dafür.

Was ist wenn ich an einer Gerichtsverhandlung nicht teilnehme?

In Artikel 101 des Grundgesetzes steht, dass niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf. Das heißt, wenn ein Prozess angesetzt ist, muss der Schöffe auch anwesend sein. Nur im Unfall- oder Krankheitsfall kann er von einzelnen Sitzungstagen freigestellt werden.

Kommt der Schöffe trotzdem nicht, drohen ihm bis zu 1000 Euro Strafe.

Bekommt man eine Entschädigung für den Schöffendienst?

Ja, man wird für den Dienst entschädigt. Einmal erhalten die Schöffen für die Zeit, die sie tatsächlich vor Gericht verbracht haben, 6 Euro pro Stunde. Außerdem gibt es die Möglichkeit der Fahrtkosten- und gegebenenfalls Verdienstausfallszahlungen. Ausführlich ist die Entschädigung der Schöffen im Justizvergütungs- und entschädigungsgesetz festgelegt.

Fazit

Das Amt des Schöffen ist wichtig, weil es eine Verbindung zwischen der normalen Bevölkerung und der Rechtssprechung herstellt und die Justiz in einem gewissen Maße kontrollieren kann. Aber das System hat ein paar Macken.

Das Thema im SPUTNIK Programm:SPUTNIK Tagesupdate| 22.03.18 | 18:00 Uhr

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